Das Himmelbrot, des -es, plur. inus. Brot, welches unmittelbar von dem Himmel gekommen sein soll. So wird in der Deutschen Bibel das Manna mehrmahls mit diesem Nahmen belegt, wie Ebr. 9, 4, Ps. 105, 40. Auch das bei uns bekannte Manna ist noch in einigen Gegenden unter diesem Nahmen bekannt. S. Manna.

http://www.zeno.org/Adelung-1793. 1793–1801.

 



 



Die Schöpfung in Bildern (Buchmalerei anno 1530) Das jüdische Volk hat Hunger. Gott schickt ihnen Himmelsbrot....



 



 



Himmelsbrot will Ich euch geben. Wer Mich ißt, wird ewig leben!
Kommt, ihr Armen, voll Erbarmen
Biet' Ich euch das beste Brot;
Wer es isset, der vergisset
Herzensweh und Hungersnot!
Eilt, ihr Schwachen! stark wird machen
Euch der Wein in meiner Hand,
Nehmt und trinket! reich euch winket
Hier des Lebens Unterpfand!

Hier, ihr Herzen, - die voll Schmerzen
Ihr begangener Schuld gedenkt, -
Ist die Speise, die zur Reise
Wieder Kraft und Mut euch schenkt!
Eure Sünden sollen schwinden
Wie der Schnee im Sonnenschein,
Kehr' mit Gnaden reich beladen
Ich in eurer Seele ein!

Lasst denn schenken zum Gedenken
Euch dies Brot, - Mein Fleisch fürwahr!
Trinkt vom Blute - euch zu gute
Mir entströmt am Kreuzaltar!
Ew'ges Leben wird euch geben
Dieses Brot und dieser Wein,
Und im Sterben zieht als Erben
Meines Reich's zum Mahl ihr ein!

Cordula Peregrina (C. Wöhler)
Imprimatur. Regensburg, 18. Juli 1900 - Dr. Fr. X. Leitner, Gen.Vic.

 



Wo man das Brot ehrt

Die "heilige Speise" im Volksglauben und Sagen

von Sophie Lange

In: Kreis Euskirchen Jahrbuch 1996

Mit Tränen gesalzen
Gesegnetes Himmelsbrot
Sagenhaftes Wunderbrot
Literaturangaben

Bis vor Jahrzehnten waren sich die Menschen noch sehr bewusst, dass das Brot eine heilige Speise ist, der man mit großer Ehrfurcht entgegentreten muss. "Wo m'r et Brut ihr, Gott de Nut kihrt", sagt man in der Eifel. Im Volksglauben und in mancherlei Brauchtumsform hat sich das Brot als Symbol für Leben und Lebenskraft erhalten.

Die Bitte um Gottes Segen für das tägliche Brot beginnt bereits bei der Aussaat. Hier wird manches Gebet gesprochen. Bei den Bittprozessionen drei Tage vor Christi Himmelfahrt erflehen die Gläubigen inbrünstig Gottes Wohlwollen für die junge Saat. "Der uns die Früchte der Erde geben und erhalten wolle", lautet die Bitte im Rosenkranz. Dieser Gang durch die grünenden Fluren geht auf vorchristliche Traditionen zurück, bei denen man allerdings nicht so gesittet wie heute einherschritt. Man sang, tanzte und machte hohe Sprünge, um den Wuchs des Getreides zu beeinflussen.
Brotsegnung - Hagelkreuz bei Buir (Christi Himmelfahrt 1995)

Bild: Brotsegnung - Hagelkreuz bei Buir (Christi Himmelfahrt 1995)

Um den göttlichen Schutz für das Lebensbrot zu erflehen, machte die Hausfrau immer wieder das Kreuzzeichen, sowohl in den Teig als auch beim Anschneiden des Brotes. "Gott segne uns dieses Brot", sagte sie dabei. Ein anderer Segenswunsch aus der Eifel lautet: "Gott sähn dat Brut un all, de davon esse!" Das erste Brot, das in den Backofen eingeschoben wurde, bekam ein Kreuz eingedrückt. Dieses Kreuzbrot wurde als letztes gegessen.

Besondere Segenskraft wurde dem am Karfreitag gebackenen Brot zuerkannt. Legte man dieses Karfreitagsbrot beiseite, so schimmelte es das ganze Jahr nicht. Die Karfreitagsbutter übte eine Heilkraft auf Wunden aus. Am Weihnachtstage legte man Brot auf die Schwelle, wodurch das Haus dann besonders beschützt wurde. Auch das erste aus dem neuen Mehl gebackene Brot war ein besonderes. Es wurde mit einem Kreuz versehen. Wenn es aus dem Steinofen geholt wurde, sprach man ein Dankgebet. Dieses Glücksbrot wurde oftmals lange aufbewahrt und sollte vor Hunger und Not schützen. Verstärkt wurde die Bitte noch, indem man eines der ersten Brote den Armen brachte.

Manches frühere Brauchtum rund um das Brot erscheint heute als Aberglauben, aber nur deshalb, weil die ursprüngliche Bedeutung nicht mehr bekannt ist. Ein alter Eifeler Volksglauben sagt zum Beispiel, dass man einen Mehlsack unter keinen Umständen rückwärts aus dem Haus tragen darf, da sonst der Teufel darüber Gewalt bekäme. Diese Regel galt auch für das Heraustragen der Mehlsäcke aus der Mühle. Auf welche Erfahrung dieser Volksglaube beruht, ist nicht erkennbar.
So viel Brot wurde für eine Hochzeit gebacken.

Bild: So viel Brot wurde für eine Hochzeit gebacken. Die Menge der Kuchen war noch viel größer

Verpönt war es, wenn jemand - und sei es nur aus Versehen - ein Brot auf den Rücken legte. Nach altem Eifeler Volksglauben weint dann die Jungfrau Maria und die armen Seelen trauern. Darum musste das Brot unverzüglich wieder richtig hingelegt werden. Das war äußerst wichtig. Dieser Brauch spricht nicht nur von Ehrfurcht vor dem Brot, sondern macht auch deutlich, dass das Brot als Lebewesen gesehen wurde. Zog eine Eifeler Braut in ihr neues Heim, so fand sie dort ein Brot vor, das ihr Glück und Segen sichern wollte. Niemals sollte die Nahrung ausgehen. Manche Braut brachte zusätzlich ein Brot aus ihrem Elternhaus mit in die Ehe. Dass man Brot und Salz zur Einweihung einer neuen Wohnung schenkt, hat sich inzwischen überall eingebürgert. Mit diesen Gaben verbindet man den Wunsch nach Wohlergehen und Segen im neuen Heim.

Verbreitet war früher auch die Sitte, der Wöchnerin ein Stückchen Brot unter das Kissen zu legen, um eine glückliche Geburt zu erbitten. Über den neuen Erdenbürger brach man Brot, um gutes Gedeihen an Leib und Seele zu sichern. Wenn ein Kind nicht mit dem Sprechen beginnen wollte, brach die Mutter ein Stück Brot und sprach: "Liebes Brot brich! Und liebes Kind sprich!"

Mit Tränen gesalzen

Verließ jemand für längere Zeit die Heimat, so wurde ihm ein selbstgebackenes Brot mitgegeben. Dieses Brot wurde mit Tränen gesalzen und war daher ein echtes Heimatbrot. Ging ein Sohn auf Wanderschaft, auf Walz, so sollte er eine Kruste dieses Brotes im Wanderbündel aufbewahren. Roch er daran, so meldete sich unverzüglich das Heimweh und trieb ihn wieder nach Hause.

Lange Zeit hindurch war es Brauch, dem Verstorbenen ein Stück Brot mit in den Sarg zu legen - sicher ein Überbleibsel der Naturreligionen, bei denen man dem Toten eine Wegzehrung für die Reise in die jenseitige Unterwelt mitgab. Lag jemand im Sterben, so sagte man: "Se han ehm et letzte Bruut jebacke."

Dass der Mondstand auf Wachsen und Gedeihen besonderen Einfluss hat, beachtet heute wieder mancher Hobbygärtner. Aber auch die Backtage sollten nach dem Mond ausgerichtet werden. Allerdings gehen die Meinungen hier weit auseinander. Allgemein heißt es, dass die mondgünstigen Aussaattage für Blattpflanzen ungeeignet für das Brotbacken sind, da der Teig dann leicht zerläuft. Wird das Brot an Tagen mit Planetenknoten gebacken, geht der Teig nicht auf und das Brot reißt. Das Brot wurde sorgfältig aufbewahrt, damit nichts verkam. Wurde Brot trotzdem mal hart oder schimmelig, so wurde es dem Vieh gefüttert. Ansonsten verbrannte man es auch, gab es also dem Feuer zur Transformation in seine Urstoffe zurück. Sünde war es, wenn man gutes Brot wegwarf. Formten Kinder aus Brot Kügelchen und spielten damit, wurden sie streng gerügt.

Auch bei einem alten Bannspruch spielt das Brot eine Rolle. Einen Dieb konnte man auf folgende Art fassen:

Nimm drei Bröcklein Salz,
drei Bröcklein Schmalz und drei Bröcklein Brot,
was nicht geweckt, und was nicht fein;
mache eine starke Glut und bleibe allein.
Lege die neun Stücke darauf
und sprich folgende Worte:
"Ich lege dir, Dieb oder Diebin, Brot, Salz und Schmalz auf die Glut,
wegen deiner Sünden Übermut."

Nach kurzer Zeit soll das gestohlene Gut dann wieder beim Eigentümer gewesen sein.

Gesegnetes Himmelsbrot
Am "Backtag" mußten alle helfen und kräftig anpacken

Bild: Am "Backtag" mußten alle helfen und kräftig anpacken

Früher war es mancherorts üblich, das erste aus Mehl der neuen Ernte gebackene Brot zum Altar zu bringen, um den uralten Brotsegen zu erbitten. Dieses Brot war sowohl für Menschen als auch für das Vieh glückbringend. Man dachte aber auch an die wachsende Frucht und krümelte von dem gesegneten Brot auf die Felder. Später war an bestimmten Heiligenfesttagen in manchen Pfarrgemeinden der Brotsegen innerhalb von Gottesdiensten gebräuchlich. So schrieb Franz Peter Kürten über die Brotsegnung in Dreiborn: "Am Pfarr- und Kirmesfest (Wendelin 20. Oktober) legen die Dreiborner selbstgebackene Wendelinuswecken (Brote) auf den Altar, die in der "dreispännigen Leviten-Messe" gesegnet und mit heimgenommen werden. Das Brot wird sofort an die Haustiere verteilt. Die Kirmesmahlzeit würde keinem schmecken, wenn er nicht vorher an den Segen im Stall gedacht hätte."

Auch die Kirmesbesucher, die von auswärts kamen, aßen dieses gesegnete Brot mit großer Andacht. Dazu trank man gesegnetes Wasser. Die Brotsegnung ist in Dreiborn nicht mehr üblich.

Ein bekannter Segenstag für das Brot ist der Brigidatag am 1. Februar. In Keldenich, wo Brigida Pfarrpatronin ist, wird bis heute alljährlich zu ihrem Festtag Brot und Salz gesegnet. Die Gläubigen brechen von diesem Brot und essen davon gemeinsam in der Kirche. Ein Reststück nehmen sie mit nach Hause. In Münstereifel - Eicherscheid hat sich die Brotsegnung zum Brigidatag nicht erhalten.
Das Brot kommt aus dem Ofen

Bild: Sobald das Brot aus dem Ofen kommt, muß es mit kaltem Wasser abgewaschen und zum Trocknen auf Wandbrettern aufgestellt werde.

In Buir wird ein Brotbrauch mit einer Prozession zu einem Wegkreuz, dem Hagelkreuz verbunden. 1962 hieß es darüber: "Am Himmelfahrtstage legen einige Buirer Familien mehrere Brotlaibe am Sockel des Hagelkreuzes nieder. Der Pfarrer spricht über das Brot einen besonderen Segen und lässt es dann unter die am Hagelkreuz versammelten Gläubigen verteilen. Das gläubige Eifelvolk schreibt diesem gesegneten Brote eine besondere Himmelskraft zu, und jeder möchte etwas davon haben. Wer seinen Teil bekommen hat, isst davon an Ort und Stelle einige Bissen, den Rest nimmt er mit nach Hause, denn auch die Alten und Kranken, ja selbst das Vieh im Stalle soll Anteil an dem Segensbrote haben." Bis heute wird dieser fromme Brauch ausgeübt. LINK SAGEN BUIR

Die Menschen aus dem Blankenheimer Raum pilgerten zur Brotsegnung zur Michaelskapelle bei Aremberg. Folgendes ist von dort überliefert: "In den Armutsjahren nach dem Dreißigjährigen Kriege verheerte ein Unwetter die ganze Nordeifel; alle reifenden Feldfrüchte lagen zerschlagen. Wie durch ein Wunder blieb die Gemeinde Aremberg verschont, Sturm und Hagel waren an ihr vorbeigezogen. Da zeigten die Aremberger ihren hochherzigen Sinn und teilten mit den Armen das, was sie hatten. Als die Kapelle dann in ihren Fluren erbaut war, zogen sie am Dreifaltigkeitssonntag in Prozession hin, nahmen Brot mit, das ihr Pfarrer segnete und an die Armen verteilte." Auch heute pilgern Gläubige aus dem Blankenheimer Raum am Sonntag nach Pfingsten zur Michaelskapelle, um an der Brotsegnung teilzunehmen.

Sagenhaftes Wunderbrot

In der Sagenwelt haben sich die Heiligkeit des Brotes und die Ehrfurcht vor diesem Lebenselixier erhalten. Einem Brotfrevel folgt stets ein göttliches Strafgericht. So sagt zum Beispiel die Sage von der Stolzenburg und dem Bielstein (bei Urft/Kall), dass die Bauern hartgebackene Kugeln aus Brotmehl den Burgherren abliefern mussten, damit die Herren damit Kegelspiele ausführen konnten. Das zerkegelte Brot wurde den Tieren zugeworfen, obwohl die hungernden Menschen es gerne als Speise genommen hätten. Der Herrgott selbst kam nun ins Urfttal, um die Brotschänder zu strafen. Während eines Unwetters versanken Stolzenburg und die Festung auf dem Bielstein mit Mann und Maus in die Tiefe der Erde. LINK STOLZENBURG AUF STEILER HÖHE

Brotfrevel betrieben auch Bergleute in einem Bergwerk zwischen Kall und Keldenich. In ihrem neuerworbenen Wohlstand achteten sie das einfache Brot nicht mehr, sondern benutzten es ebenfalls zu Kegelspielen, die sie bei wüsten Gelagen im Tanzberg veranstalteten. Auch hier folgte göttliche Strafe: Während eines heftigen Unwetters brach der Stollen ein und begrub die Männer. Nur eine Frau, die ihren Mann holen wollte, blieb verschont und konnte den Stollen lebend verlassen.

Auf dem Burgkopp bei Giescheid soll einst eine Burg gestanden haben. Folgendes berichtet die Sage darüber: "Auf der Burg wohnten einst stolze und hartherzige Ritter, für die die Bewohner der umliegenden Dörfer hart fronen mussten. Auch mussten sie hohe Zehnten geben, die unerbittlich eingetrieben wurden. Selbst wenn die Bauern in Notzeiten hungerten, kannten die Ritter kein Erbarmen. Sie ließen das Brot lieber verschimmeln, ehe sie den Armen von ihrem Überfluss mitteilten . . ." Auch hier versinkt die Burg in Schutt und Asche. Ein goldener Schatz soll noch im Erdinneren versteckt liegen.

Verlieren die Menschen die Ehrfurcht vor dem Brot, verwandeln sich in der Sagenwelt Brote zu Steinen. In einer Sage aus der Mutscheid ist es zunächst jedoch anders. Da findet ein armer, fleißiger Bauer auf seinem Acker einen Stein, der sich in ein Brot verwandelt. Auf geheimnisvolle Weise erneuert sich dieses Wunderbrot immer wieder. Korn und Mehl kann die Bauersfrau Kathrin nun auf dem Markt verkaufen. Doch Kathrin kann nicht richtig mit dem neuen Wohlstand umgehen. In der Sage heißt es: "Aus dem Erlös kaufte Kathrin allerlei Kram für den Haushalt und auch eines jener bunten Tücher, die man in der Stadt trug. Es war ein recht schönes Tuch mit einem türkischen Muster und mit langen Fransen, und wenn Kathrin sonntags damit zur Kirche kam und langsam an den Bänken entlang nach vorne ging, dann sah sie nicht mehr aus wie eine Bäuerin aus der armen Mutscheid, sondern wie eine Madame aus einem Bürgerhaus von Münstereifel oder Euskirchen." In ihrem Hochmut genügt Kathrin auch bald das einfache Eifelbrot nicht mehr und sie wünscht sich "weiße Wecken und ein anständiges Weizenbrot". Doch die Hoffart wird umgehend bestraft: Das Wunderbrot wird wieder zu Stein.

Die reifende Frucht wird in der Sagenwelt von der Roggenmuhme beschützt. Sie achtet darauf, dass niemand das Feld be- und das Getreide zertritt. Besonders zur Mittagszeit spukt sie durch die Fluren. Dann wiegen und biegen sich die zarten Halme.

Beim Brotbacken halfen oftmals die Zwerge. Die kleinen Wichtel, die in der Zwergsley zwischen Holzmülheim und Roderath LINK SAGEN HOLZMÜLHEIM zu Hause waren, verstanden sich auf das Backen und brachten frisches Brot zu den Menschen oder legten es auf einen Pflug im Feld. Da sich die kleinen Helfer längst aus unserer Gegend zurückgezogen haben, müssen die Menschen nun selbst für das tägliche Brot sorgen.

Literaturangaben

1. C. Trog: Rheinlands Wunderhorn, o J.
2. Hommerding Richard: Eifeler Volksglaube, in: Eifelvereinsblatt, Januar 1932, Seite 4
3. Franz Peter Kürten: Volksleben und Lande an Rhein, Band 1 - 12, Köln-Dünnwald, 1951
4. Josef Lion: Das Brot im Eifeler Volksglauben, in Eifel Kalender 1937, Seite 101
5. P.C. Ettighofer: Das wundersame Brot aus dem Eifelboden, in: Heimatkalender Kreis Euskirchen 1958
6. D. Krämer: Der Burgkopp bei Giescheid, in Heimatkalender Schleiden 1960, Seite 142
Sophie Lange. Alt-Eifler Küche, Aachen 1994/1995