Bäcker-Ehrencodex 1633
Abschrift aus der Bäckerchronik des Landesausschusses der Bäcker des Herzogtums Steiermark
Teil 1 Handwerksordnung
Erlass durch Keyser Ferdinandi Secundi May am 8. Juli 1633
Teil 2 Bestätigung durch Keyser Carl den Sechsten
Urkundt: am 26. Juni 1715
Seite 1
Wir Carl der Sechste von GOTTES Gnaden erwelter Römischer Keyser, zu allen Zeiten Mehrer des Reichs, in Germanien, zu Hispanien, Hungarn, Böheimb,Dalmatien, Croatien, Slavonien etc. König, Erzherzog zu Österreich, Herzog zu Burgund, Steyr, Kärnthen, Crain und Wirtemberg,
Graf zu Habspurg, Flandern, Tyrol und Görz etc. etc.
Bekennen offentlich mit diesm brieff, und tuen kundt Allermänniglichen, dass unss, die Zöch; auch übrige Maister und ein gesambtes Handwerckh deren
Beckher zu Leibnitz in unserem Herzogtumb Steyr allergehorsambst zu vernehmen gegeben; wasgestalten von weyland unseres Hochgellran Herrn Keysers Ferdinandi Secundi May: und eben glorwürdigstens angedenckens unter 8 ten Monnathstag Juli des sechzehen hundertdrey und dreyssigsten Jahres (8. VII. 1633) ihrer Zunfft eine in zwanzig Articl verfasste Handwercksordnung und freyheit in gnaden verlihen worden und unns dahero alleruntertännigst gebetten.
Wir geruheten alss iezt regirender Herr und Landesfürst Ihnen solche allergnädigst zuerneuern und zubestätten.
Immassen Wir nun diese unterthännigste bitte gnädigst angesehen, auch dass dergleichen Heysambe Sazungen dem
gemeinen Weesen zum bessten und zu fortpflanzung gutter Manns-Zucht: vorderist aber zu beförderung der Ehre Gottes gereichen;
Allss haben Wir mit wohlbedachtem Muth, gutem Rath und Rechtem wissen denen eingangs Ernannten Beckhern obbesagt ihre
Handwerckhs-Ordnung und Freyheit, deren puncten und Articl von worth zu worth hernach folgend, gnädigst erneuert und bestättet;

ERSTLICHEN
weitten Unser Bruderschaft zu Ihren Patron: und Fürsprecherin die verehrter Mutter Gottes Mariam und St. FLORIAN erwehlt, solle in vigilia der Himelfahrt-Mariae, das ist der fünffzehnten Monnathstag Augusti in der alhiesigen Pfarr-Kirchen bey St. Jacob dem allmächtigen Gott, und Unser Allerheyligsten Patronin, auch zu Lob und Ehr des Heyligen Floriani ein Ambt der heyligen Meeß, dan an quantember Erchtag in der Fasten eines; und in der quatember vor Weynachten ein anderes Ambt, und also drey Messen durch das Jahr zu Trost und hilff aller Christgläubigen abgestorbenen Seelen gehalten. und für solches dem Priester sechs, und dem Schuelmeister zwey Schilling zur Verehrung gegeben; und gereicht werden, dabey sich alle Maister, Knecht und Jungen mit Auflegung viers Opferpfennings finden lassen sollen; da aber einer oder mehr unter umß Maister oder Knechten zu angeregten Gottesdienstes nicht erscheinen und ohne erheblicher Ursach, oder erlaubnuß des Handwerckhs außbleiben werde, der soll zu unserer Lieben Frauen Gueth, zu Handen eines Ehrsamben Handwerckhs ACHT PFUNDT Wax zur Strafe zugeben schuldig seyn.

ZUM ANDERTEN
sollen alle Beckher in umliegenden Pfarren und Landgerichten, also Leutschach, Arnfelß, Eybeswaldt, Schwamberg, St. Florian, Preding, Hengsberg, St. Margareten, St. Georgen, Wolsberg, Jagerwerch, Ehrenhausen, Witschein und Gamblitz, unserer Zunfft und Handwerckhs-Ordnung einverleibt seyn, beynebens auch dem Gottesdienst und Proceßion des Hochwürdigsten Sacraments am tag CORPUS CHRISTI,in umbgang sey alle/: ausser der Beckhen des Marckhts zu St. Florian,
alß welche den aldorth gleichfahlß heltenden heyligen Proceßion beyzuwohnen gelassen werden, und hierher darzue sich einzustellen nicht verbunden; zu anderen unseren begehenden Festtägen und zusambenkunfften aber, bey Vermeydung nachgesetzter Strafe, iedesmahl zuerscheinen schuldig seyn sollen:/ mit denen gewönlichen veremonien, Ehrerbietungen und Gottesforcht, mit brinnenden Kerzen alhie ziehren und verrichten helffen, welcher aber, ausser besagter Beckhen des Marckhts zu St. Florian, wie verstanden, ohne erlaubnuss oder genugsamber Entschuldigung außbleiben würde, der ist zu Unser Lieben Frauen Gueth ACHT PFUNDT Wax unnachlässlicher Straff verfahlen. Und welcher Maister, in gemehltem Bezirckh, sich zu dieser Bruderschaft nicht erkenne, sondern halßstarig freybleiben wolle, der solle von der Nachgesetzten Obrigkeit mit allem ernst darzue gehalten, und ihme alßbald das Handwerckh gesperrt und Selbes zutreiben verboten sein.

DRITTEN,
bey diesen zwey Zusambenkünfften, als den fünfzehenten Augusti und auf das Fest CORPORIS CHRISTI, sollen alle Incorporirte Meister und Knecht zum geordneten Zechmeister und Vatter erscheinen. Und welcher Maister sodan ein Jung zu dingen oder freyzusagen hat, vor öffentlicher Laad, alhier gedingt und und freygesagt werden: doch sollen zu dieser Zusambenkunfft am tag Corporis Christi die Becken zu St. Florian lauth abgeschriebene Articels gleichfahlß zu erscheinen nicht verbunden seyn.

VIERTTEN
Sollen auch alle Maister und Knecht, deß Handwerckhs im obspecificirten Craiß alle quatember zum Handwerckh erscheinen, jedweder zu der Laad ZWÖLFF-PFENNING auflegen, darbey den nutz und fromben dessen betrachten, und die Verbrechen nach Erkandtnuß abstrafen, Welcher ungehorsmblich oder ohne Entschuldigung außbleibt, der soll ohne alle gnad auf ACHT PFUND Wax, oder soviel gelt darfür raichen oder geben.

FÜNFFTEN
wan einer aus der Bruderschaft mit Todt abgeht, Er sey Maister, Maisterin oder deßen Kinder, Knecht oder Jungen, so sollen die anweesenden Maister, und Knecht den Christi: Catholischen gebrauch nach, die Leich zum ruheböttlein begleitten helffen, Und so der Verstorbene die begräbnis-unkosten nicht verlassen, solle derselbe auß der gemeinen Laad genomben werden.

SECHSTEN
soll auch kein Beckh in unserer Zunfft kein Lehrjung an: und aufnemben, er sey dan von Ehrlichen Eltern gebohren, oder seiner unehelichen geburth halber, legitimirt worden, und wan ein Lehrjung gedingt; oder auffgenomben wird, so soll der Lehrjung beide unkosten des Dingen und Freysagen zubezahlen schuldig seyn.

SIEBENTEN
soll kein Knecht noch Jungen sich nicht verweigeren auf die Mühl zu gehen, und er solle das mehl mit allem angelegenem fleiß oder Junger diesem Articul widerstreben, und nicht auf seines Maisters befehl gehorsamben walte, der soll nach Erkandtnus seines ganzen Handwerckhs ohne gnad Und Verschonung gestrafft, und solcher ungehorsamb am wenigsten pabsirt werden.

ACHTEN
soll ein jeder Knecht oder Junger, so alhier Maister zu werden begehrt, ein Jahr lang einem Maister allein ohne umbwexlung, als ein helfer des gebäckhs: und Helffwerckhs zu verrichten schuldig und verbunden und verbunden seyn, ingleichen, wan ein Junger, Knecht werden will, ohne Erkandtnuss eines Handwerckhs nicht angenomben werden.

NEUNTEN
solle kein neues bachhauß von nun an, nicht weither mehr aufgericht, sondern alleni diejenigen, so etwa durch Todtfahl oder anderer Veränderungen vacirendt, und ledig, ersetzt werden; und wan sodan ein Beckhenknecht, der von Ehrlichen Eltern geboren, oder, seiner unehlichen geburt halber, legitimirt, und das Handwerckh wohl gelernt hat, von Einem Ehrsamben Magistrat oder Vorgesetzten Obrigkeit zu einem Bürger aufgenomben worden, so soll Er von einem Ehrsamben Handwerckh zu einem Maister angenomben werden: doch soll Er einem Ehrsamben Handwerckh in die Laad zu Unser Lieben Frauen Gueth SIEBEN GULDEN rheinisch und FÜNFFZEHN PFUND Wax erlegen, und darzue den anderen Beckhen und Knechten, so zu gegen seyn werden, ein leydentliches Mahl sambt einem mitlmässigen Wein zugeben schuldig und verbunden seyn.

ZEHENTEN
solle auch das gebächt inhalt der Keysserlichen Generalien in diesem bezirckh völlig ab: und eingestellt, und ein Ehrsambes Handwerckh solches Verbrechen, nach Erkandtnuß zu bestraffen befugt seyn, und macht haben: zumahlen aber Einer als halßstärig und von Einem Handwerckh nicht khönte zu solchem gehorsmb gebracht werden, soll Er von der Vor- und nachgesetzten Obrigkeit, auch in ermanglung derselben, mit dem Landprofoß zu dem gezimbenden gehorsamb gebracht, und so wohl von einem ehrsamben Handwerckh, alß der Obrigkeit nach seinem Verbrechen, einem anderem zum exempl gestraft und zum gehorsambt gewisen werden, sodan.

AYLFFTEN
soll kein Maister, Knecht oder Junger kein unordentlich gebächt auffbringen, sondern jedweder sich des von alters hero, habenden formbs und gebächts gebrauchen, Und bey demselben ordentlich und stätts verbleiben, es sey dan, dass das gebächt von Jemanden auf ein besondere formb befrimt worden, doch solle nicht allem der prezentaig und Wällischebrod, wan es bestelt wirdet, gebrochen und wohlfaillen Zeit nach einer ieden feinpfenningbrod gebachen werden, sondern auch das gebächt jedesmahl zierlich und sauber formiret und wohl aussgebachen seyn; wan aber einer oder mehr darwider thuen, der solle nach Erkandtnuss eines Ehrsamben Handwerckhs nach seinem Verbrechen gestrafft werden.

ZWÖLFFTEN
der Maister Söhn betreffend, seynd solche des Lernen ganz befreyet und erlassen, wan sy nur eines redlichen herkommens und dem Handwerckh nachziehen, Und arbeithen wollen, so soll Ihnen von einem Ehrsamben Handwerckh der Lehrbrief mitgetheillet werden, welcher das Beckhengelts auch ganz befreyet und nur allein das Mahl und FÜNFFZEHN PFUND Wax zugeben schuldig seyn.

DREYZEHENDEN
da, und, zum Fahl es sich begeben mögte, daß ein Maister mit Todt abgienge und Ihro Wittib das Handwerckh verheyrathet ist, so mag die Wittib das Handwerckh einstiegn alß den anderen, doch durch redliches und Ehrbahres gesind, und solang sie in Ihrem Wittibstand verharret, treiben, da Ihr aber solches durch Heyratscontract nocht vermaint, nur Jahr und Tag zuarbeithen, Und nicht länger befuegt seyn: da aber ein Knecht oder Junger/: doch der dem Handwerckh gemeß ist:/ zu einer Wittib, oder Eines Maisters Tochter heyratehen thuet, der solle gleichfahlß des Beckhengelts der SIBEN GULDEN befreyet, und nur das Mahl und die FÜNFFZEHN PFUND Wax oder soviel gelt in die Laad zugeben schuldig seyn.

VIERZEHENDEN
solle auch bey uns MarckhtMaister mit dem Traydtkauffen diese Ordnung gehalten werden, daß khein Beckh khein Hungarisches oder Pinckhenfeldisch-Traydt ausserhalb des Marckhts kauffen, sondern dasselbe auf den Platz führen lassen, Und da es dan einer Unter Unss, Er seye reich oder armb, zum ersten umb solches Traydt in Kauffstundte, so soll ihme niemand khein eintrag thuen, Er seye dan des kauffs mit dem verkauffen nicht eins worden, und wer darwider handlet, der ist zur Straff soofft er darwider handlet, verfahlen FÜNFFZEHN PFUND Wax.

SECHSZEHENDEN
soll von kheinem Beckhen oder Beckhin das neugebachen brod in den häußern verhalten und versteckht werden, sondern zu gewöhnlicher Zeit, die Brodwäger zu gegen seyn, Und dasselbig wägen sollen, in die brod-Aych schickhen, und ihr brodbachen darnach anstellen, daß man in den brodtisch frisch brod halten khan, insonderheit auch dahin gedacht seyn sollen, damit zu Kirchtägszeit das brod, so alda verkaufft wird, oder Wir, sonsten ausser des marckhts auf den sörffern verkauffen lassen, gleichfahlß in dem gezimbenden gewicht, wie es jedesmahl nach dem Traydtkauf verordnet worden, gebachen werde, da aber Einer oder der andere darwider halte, der solle von einem Ehrsamben Magistrat nach gebühr abgestrafft werden.

SIEBZEHENDEN
wan ein MarckhtMaister in den Landgerichte oder Dörffer brod ausschickht, soll das gebührliche, Und von alters hero gebräuchliche standgelt alß von einem korb ein kreuzer geraicht werden.

ACHTZEHENDEN
solle es Sommers und Wintters Zeiten mit den Mühlen ordentlich und bey unnachlässlicher Straffe also gehalten werden, daß Einer dem Andern auf den Mühlen kein eintrag erweisen solle, sondern, welcher dem Mühler, Er sey reich oder armn, zugesagt, zumahlen, denselben nicht verhindern, noch mit schanck oder gaben vertreiben solle, welcher aber darwider beretten wird, der solle zu Unser Lieben Frauen Gueth zur Straff verfahlen seyn ACHT PFUND Wax.

NEUNZEHENDEN
sollen alle Maister, Knecht und Junger zu einem gewöhnlichen Zusambengang des Handwerckhs umb ZWÖLF UHR oder EINS nachmittag, fein nüchtern, beschaiden, nicht Volm noch bezechten, ungebührlicher Ursach und Entschuldigung, nicht aussbleiben, Und so dan sollen alle beckhen Jungen ihren Sontag Pfenning mit gebührender reverenz und beschaidenheit auflegen, welcher aber denselben einem Ehrsamben Handwerckh enttragen thett, Und sich Unter Unss Beckhen Knechten oder Junger in diesem articl in einem oder anderen weeg im wenigsten vergreiffen werde, der soll von einem Ehrsamben Handwerckh seinem Verhalten nach gestrafft und castigirt werden; wie dan Sy Maister und ein Ehrsamber Handwerckh auch gahr befugt seyn und macht haben sollen, da sich ein Beckhen Knecht oder Jungen nicht der Gebühr nach redlich und aufrichtig verhielte, denselben zu strafen, nach Erkandtnuss des Handwerckhs und nach seinem Verbrechen ZWEY oder DREY Jahr oder wie es ihnen heylsamb bedunkhen wird, einem Beckhen alhier zudiennen, einzustellen und zu verbieten.

ZWANZIGSTENS
und Schlüßlichen sollen auch die hiesigen und andere einverleibte Maister macht haben, in denen dreyen Landen, Steyr, Kärnten und Crain, Traydt zu kaufen und zu diesem oder anderen Märckhten und Fleckhen, darin Sy wohnhaft seyn, zubringen, Und in allen Stätten und Märckhten/: gegen bezahlung des gebührlichen auffschlag und Mauth:/ unverbindlich durchpahsiret werden.

Erneuern und bestätten, aus Keysser und Erzherzoglicher Machtsvollkommenheit in Kraft dieß briefs di ietzt beschriebene Handwerckhs-Ordnung und Freyheit, so weith sy Beckher deren in würklicher besiz: und Übung seynd, und was wir daran von Recht und billigkeit wegen bestätten können; ordnen, sezen und wollen demnach, daß die mehrbedeute Beckher-zunfft darob resstiglich halten, und so lang Sye bey der Römisch Catholischen Kirche, und dem versprochenen Gottesdienst eyferig verharret, sich deren in bildlichen Dingen nützlich freyen und gebrauchen solle und möge, von mäniglichen ungehindert.

Gebietten darauffallen und ieden Unseren Nachgesezten Geist: und Weltlichen Obrigkeiten, Prälaten, Graffen, Freyen, Herren, Rittern, Knechten, Statthalteren, Landmarschallen, Landeshauptleuthen, Landesverweesern, Landrichtern, Viedomben, Burggraffen, Vöggten, Pflegeren, Bürgermeistern, Richtern, Räthen, Bürgeren, Gemeinden und sonst allen Unseren Ambtleuthen, Unterthannen und Getreuen, was würden, Stands oder Weesens die seynd, hiemit so gnädig als ernstlich, und wollen, dass Sy die offterwehnte Beckher zu Leibnitz gegenwertig: und künfftige bey dieser ihrer altherhabenden: und von Unß hiemit gnädigst bestättigten Handwerckhs-Ordnung und Freyheit ruhig verbleiben, und sich derselben, wie gemelt nuzlich freyen und gebrauchen lassen, Sy darbey von unsertwegen Obrigkeitlich schuzen und Handhaben, darwider selbsten nicht Trängen noch beschwären, weder anderen dergleichen zuthuen gestatten, in kheine weiß noch weeg, alßlieb Jedem seye, Unsere schwäre Unhnad und straff, nebst der in ihrer altem Freyheitsbrief angetroeten Poen zuvermeiden; Das Meynen Wir ernstlich, doch halten wir Unß und Unseren Nachkommen bevor, vielbesagte Freyheit nach Unseren gnädigsten gefallen, und erforderungen der Zeit zumehren, zumindern oder gahr abzuthuen.

Mit Urkundt dieß briefs, besiglet mit Unserem anhangenden Kyser: König: und Erzherzoglichen Insigl, der geben ist in Unser Statt Wienn den sechsundzwainzigisten Junii im sibenzehenhundert und fünffzehenden (26. VI. 1715) unserer Reiche, des Römischen im Vierten, deren Spanischen im Zwölfften, deren Hungarisch: und Böheimbischen aber im fünfften Jahre.
Carl VI. eh